Reinhold Frank (geb. 1918)
EIN BETTELKIND IN SIBIRIEN 1942
Es trippell und stolpert bei Schnee und bei Wind,
auf sibirischen Wegen ein deutsches Kind.
Die Eltern, die nahm man ihm weg mit Gewall,
und Oma ist krank, und der Ofen ist kalt.
Drei Tage kein Brot im ganzen Haus,
da trieb es der Hunger zum Betteln hinaus.
Fremd ist ihm die Sprache im wildfremden Ort.
Es kennt nur ein einziges russisches Wort.
Statt Brot sagt es «Chleb», streckt sein
Händchen hervor,
steht frierend vergebens vor manch fremdem Tor.
Man stößt es und jagt es mit Drohungen fort:
«Zum Betteln such dir einen anderen Ort!»
Ihm schwindelt vor Hunger, die Kraft geht ihm aus.
Der Abendwind treibt es zum Dorfe hinaus.
Die Nacht ist stockfinster und heftig der Wind.
Sibirische Straßen gefahrdrohend sind!
Der Sturm rast vorüber, die Wolken ziehn ab.
Am Wegrand erstarr
...
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